Creedence Clearwater Revival — Green River (1969)

Genre: Rock
Datum: 1. April 2023

Mario

Drei Alben, alle Platin, alle auf diversen Bestenlisten – und alle im selben Jahr erschienen! 1969 war das Jahr von Creedence Clearwater Revival. Das Mittlere der Drei, “Green River” wurde die erste Billboard Nr. 1 in ihrer amerikanischen Heimat und wird nun mehr oder minder fachkundig seziert.

Ich gebe zu: Die Kalifornier sind bisher ein wenig unter meinem Radar geflogen. Klar, Klassiker wie “Fortunate Son” oder das auf diesem Album erstveröffentlichte “Bad Moon Rising” kennt jede:r, aber die akustische Floßfahrt durch den grünen Fluss ist auch meine erste mit der Band!

Glaubensbekenntnis Klarwasser Wiedergeburt beantworten hier die wichtige Frage, wie es denn klingen würde, wenn eine Jeansjacke Musik machen könnte. Die Antwort ist Dad Rock in hoch konzentrierter Form, denn bereits nach 29 Minuten ist Schluss. Musik, die nicht auf die Hüfte geht, wie praktisch!

Sofort habe ich die Assoziation nach einem sonnigen Frühabend in einem Südstaaten-Ballroom, wo das dritte Bud überraschenderweise keinen Brechreiz mehr hervorruft und ich parallel dazu mit einer faustvoll Brisket mein Karohemd ruiniere. Musik, die ländlich und southern klingt, ohne in den oft tiefpeinlichen Second-Amendment-Jesus-Rock der späten Lynyrd Skynyrd abzudriften.

Die “Green River” wird zu einer Wasserstraße, die Rock ’n’ Roll, Rockabilly, Blues und Country miteinander verbindet und so amerikanisch ist wie Sprühkäse, aber aus rein organischen Zutaten besteht – und kein ganz so schweres Gefühl im Magen hinterlässt. Die Gitarrenarbeit der Fogerty-Brüder ist so legendär wie virtuos, gerade John, der auch noch Lead-Sänger und Hauptsongschreiber der Band ist, gehört zu den ganz großen Musikern des 20. Jahrhunderts.

Ich finde das alles ziemlich gut. Würde eine Reihe Mittzwanziger die Platte heute herausbringen, würde sie immer noch genau so abgehen. Bands wie The Black Keys, Greta van Fleet oder die Rival Sons machen im Wesentlichen nichts anderes: Sie orientieren sich an einem Sound, den CCR Ende der Sechziger mitprägte. Und das taten sie in einem Album ohne wirkliche Lowlights. Es fehlt für die ganz hohen Punkte vielleicht der eine Breakout-Song (“Bad Moon Rising” kommt nah dran), das ganz große kreative Genie und/oder die musikalische Pionierarbeit. Bands wie Led Zeppelin, The Jimi Hendrix Experience, The Who (“Tommy”) oder die bereits benannten King Crimson lieferten 1969 einfach noch mehr, aber weniger als 7,5 Punkte kann man einfach nicht geben!


Munk

Ach Creedence, da holt man in einem Jahr schon dreimal Platin, da müssen einem Led Zeppelin, The Who und die Beatles natürlich die Show stehen. Allgemein habe ich bei CCR das Gefühl, dass die Band irgendwie aus der zweiten Reihe aufspielt. Gründe dafür lassen sich schnell zusammen kärchern: Drei Alben voller Entwicklung – aber eben auch Konsistenz – ist eine Menge Käse auf den gleichen Magen. Dazu kommen die kurzen sechs Jahre Lebenszeit der Band oder auch der klar amerikanische Sound in einer langen Phase britischer Dominanz. Im Kontrast dazu stehen der innovative California-Country-Sound, der hohe Wiedererkennungswert und die gnadenlose Zeitlosigkeit von John Fogertys Stimme/Gitarre. Das Bad im Ruhm war kurz, dafür heftig und nachhaltig, mit “Green River” als qualitativem Peak in Sachen LPs.

CCR waren im Curriculum des musikalischen Sozialisierungsprogramms meines Vaters eher nicht vertreten, das kam dann standesgemäß beim Autofahren im Sommer, wenn die Playlists blühen und das frühadoleszente Metal-Herz weicher wird. Das Album wartet in bester CCR-Manier mit vielen kürzeren Songs auf und hat mit “Green River” und “Bad Moon Rising” zwei der prägnantesten Hits der Band mit an Bord. Mehr war mir hier bis dato auch nicht bekannt, macht aber nix, denn schon nach Durchgang eins wird klar: Hier fahren sämtliche Songs ohne Panne geschmeidig in den Sonnenuntergang.

Das starke “Lodi” steht für die dunkle Seite der Musik von CCR: Hinter den munteren, manchmal etwas fühligen Songs stecken oft Texte mit eher trüben, düsteren Weisen und Aphorismen, welche sich bildsprachlich von traditionellen Blues-Themen unterscheiden. Das gefällt mir gut, da darf der prophetisch drohende Mond gerne beim Nicken und Mitsingen zusehen.

Mit den zahlreichen Gospel- und Blues-Elementen funktionieren CCR auf “Green River” einfach durchgehend sehr gut. Ich bin mit dem Solo-Material der jeweiligen Mitglieder nur spärlich vertraut, aber scheinbar war hier schon eine kollektiv erzeugte Magie am Werk. Es verbleibt ein weiteres “Schade!” auf der Rock-’n’-Roll-Klagemauer.

Ich vergebe gute 7,5 Punkte für diesen zeitlosen, akustischen Sonnenuntergang, dessen prägender Sound das Album zum “Evergreen River” (’tschuldigung) erhebt.

Mario
7.5
Munk
7.5
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